Für die Bundesgartenschau 1981 in Kassel wurde die große Rasenfläche vor der Orangerie im Stile des Landschaftsgartens von 1764 restauriert. Mit etwa 1ha ist es das größte Bowlinggreen Deutschlands. die Anordnung unserer Götter-Skulpturen in einem halbrunden Zirkel ist historisch nicht belegt. Es sind Nachbildungen der Figuren, die um 1730 in der Werkstatt des Bildhauers Kötschau gefertigt wurden. Die Originale sind in den Depots der MhK verwahrt.
Zunächst waren die Skulpturen an verschiedenen Orten aufgestellt und öfters versetzt. So geht aus einer Kostenaufstellung vom 28.03.1829 beispielsweise folgendes hervor:
"Die 2 Rossebändiger von Nahl werden vom Orangerieplatz (vor der Terrasse) zur Hauptallee vom Boulingrin verlegt. Dort (am B.) müssen 4 bereits vorhandene Statuen, welche auf der Seite der Hauptallee stehen, wegen der Pferdebändiger weiter nach rechts und links versetzt und 2 Marmorbüsten entfernt werden und in das Materialienhaus transportiert werden. Es sollen 4 Figuren aus dem 1. Orangeriesaal noch hinzugefügt werden u. die dortigen rest. Gipsfiguren zur Tünche verwandt werden."
Die Rossebändiger, von denen die Rede ist sind von Johann August Nahl gefertigt, der auch der Schöpfer des Denkmals am Kasseler Friedrichsplatz ist. Sie kommen also aus einer anderen Zeit und von einem anderen Künstler und tragen keine Namen antiker Götter. Daher werden sie in unserem Götterzyklus nicht berücksichtigt.
Es war mir nicht möglich herauszufinden, wer für die Auswahl gerade dieser Götterdarstellungen und ihre Anordnung verantwortlich ist. Gibt es einen besonderen Grund, warum "Vesta" die Hüterin von Heim und Herd gegenüber "Eirene" steht, der Hüterin des (öffentlichen, staatlichen) Friedens? Die Interpretation der beiden Figurengruppen, die sich an den äußeren Enden gegenüberstehen drängt sich geradezu auf: Mit dem Raub der Proserpina ist eine der grausamsten und egoistischsten Arten zwischenmenschlichen Handelns dargestellt, "Caritas Romana" hingegen verkörpert durch ihr selbstloses, hingebungsvolles Tun genau das Gegenteil.
Was derjenige, der sich die Komposition dieser Skulpturen erdacht hat, wirklich zum Ausdruck bringen wollte, ist mir nicht bekannt. Es ist aber immer wieder spannend, selbst verschiedene Bezüge zwischen den Figuren herzustellen und zu interpretieren.